P.P.P. - PIER PAOLO PASOLINI UND DER TOD |
Vor 30 Jahren, am Morgen des 2. November 1975, des Allerseelentages,
wurde der weltberühmte Filmregisseur und Schriftsteller Pier Paolo
Pasolini auf einem kleinen Fußballplatz in Ostia bei Rom ermordet
aufgefunden. Der gewaltsame Tod eines der damals prominentesten, aber
auch umstrittensten Intellektuellen Europas rief weit über die Grenzen
Italiens hinaus große Diskussionen hervor und gab Anlass zu
ausschweifenden Spekulationen. Bis heute konnten die genauen Umstände
von Pasolinis Tod nicht zweifelsfrei geklärt werden. Im Mai 2005 hat
der mutmaßliche, bislang geständige Mörder seine Aussage revidiert und
damit eine erneute Untersuchung des Falles Pasolini erwirkt. |
Anlässlich seines 30. Todestags gibt eine umfassende Ausstellung in der
Pinakothek der Moderne Einblick in die Weltvorstellungen und Ideale des
visionären und kompromisslosen Künstlers Pasolini.
Pier Paolo Pasolini (1922-1975) – oder »P. P. P.«, wie er sich selbst
bezeichnete – war Filmregisseur und Schriftsteller, aber auch
Theaterautor, Schauspieler, Lyriker, Journalist, Maler, Zeichner. In
seinen Gedichten im Dialekt seiner friaulischen Heimat, als Autor von
Romanen (»Ragazzi di vita«), von Essays (»Freibeuterschriften«,
»Ketzererfahrungen«) und von Aufsehen erregenden Filmen (»Mamma Roma«,
»Das erste Evangelium-Matthäus«, »Teorema«, »Medea«, »Salò oder die 120
Tage von Sodom«) richtete sich sein Blick vornehmlich auf zeitlose,
archaische Themen: auf das Schicksal des Menschen, die Religion, die
Sexualität, den Tod. In einer nur ihm eigenen Ästhetik des Widerspruchs
bewegte sich Pasolini dabei stets jenseits aller Normen und schuf
Bilder von einer seither kaum wieder erreichten Klarheit, in denen
Härte und Zartheit eng miteinander verschwistert erscheinen.

Pasolinis Anspruch zielte durchgehend auf etwas Umfassendes,
übergeordnet Ideales. Die Hellsichtigkeit seines Denkens und der daraus
erwachsene immense Einfluss seines Schaffens auf eine nachfolgende
Generation von bildenden wie darstellenden Künstlern lässt sich drei
Jahrzehnte nach seinem Tod besser beurteilen. Als einer der ersten hat
Pasolini die Krise der Menschheit im ausgehenden 20. und frühen 21.
Jahrhundert, die Kultur vernichtende Rolle der Medien und des
Massenkonsums vorausgeahnt. Früh hat er für seine Kunst Sprach- und
Bildtechniken erfunden, die es ihm ermöglichten, übergangslos von einem
Medium in ein anderes zu wechseln.
Der Name Pasolini verbindet sich für eine breitere Öffentlichkeit bis
heute vor allem mit äußeren Ereignissen, mit Tabubrüchen und Skandalen.
Deshalb ist es ein besonderes Anliegen der Ausstellung, die
unterschiedlichen Facetten und Inhalte seines vielseitigen Schaffens
vorzustellen. Mit Zeichnungen und Gemälden, Manuskripten und Dokumenten
sowie durch eine Anzahl symbolischer Bilder aus den Filmen werden das
geistige Spektrum des pasolinischen Diskurses und seine wesentlichen
Aussagen veranschaulicht. Gleichzeitig beleuchtet die Ausstellung die
chronologische Entwicklung eines Werkes, das durch den Tod des
Dichter-Regisseurs zu seiner äußersten Kohärenz gelangte: »Solange ich
nicht tot bin, wird niemand behaupten können, mich wirklich zu kennen.«
(P.P.P.)
Eine zentrale Rolle spielt dabei die These des friaulischen Malers,
Graphikers und Schriftstellers Giuseppe Zigaina, dessen lebenslange
Künstlerfreundschaft mit Pasolini ab 1946 bestand. Seit 1986 deutet
Zigaina Pasolinis Tod als »Werk des Autors«, der 1958 begonnen hatte,
sein gesamtes Oeuvre als eine »Inszenierung« zu konzipieren. Pasolinis
Faszination für Mythos und Ritual manifestierte er durch signifikante
»Akte«, bei denen der eigene Tod, den er mit einem Filmschnitt
verglich, als die einzig logische Konsequenz erscheint.
Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit der Staatlichen Graphischen
Sammlung und der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne.
Veranstaltungen
DO 24.11. | 18.30
Hommage an P.P.P.
Ein informeller Abend mit Kurzvorträgen, Lesungen und Musik stellt
unterschiedliche, zum Teil weniger bekannte Facetten der Persönlichkeit
Pier Paolo Pasolinis vor, darunter sein Interesse an der Malerei der
italienischen Frührenaissance, die Liebe zum Dialekt seiner Heimat
Friaul oder die Begeisterung für den Fußball.
Moderation: Bernhart Schwenk
DO 01.12. | 18.30
Pasolini dokumentarisch
»Die Konstante meiner Arbeit ist eine Art Sehnsucht nach dem Leben: ein
Gefühl des Ausgeschlossenseins, das die Liebe zum Leben aber nicht
verringert, sondern steigert«, sagte Pasolini 1966 in einem Interview.
Die Veranstaltung gibt Gelegenheit, Pasolini in dokumentarischen
Porträts kennen zu lernen. Gezeigt wird u. a. ein Gespräch des
Regisseurs mit dem greisen Dichter Ezra Pound, in dem sich
gegensätzliche wie gemeinsame kulturelle und politische Leidenschaften
spiegeln.
Einführung: Ilaria Furno Weise
DO 08.12. | 18.30
»Salò o le centoventi giornate di Sodoma« (Salò oder die 120 Tage von
Sodom), Italien/Frankreich 1975, 116 min. Freigegeben ab 18 Jahren.
In seinem letzten Film entwirft Pasolini eine schockierende Vision
menschlicher Machtbesessenheit und barbarischer Zerstörungslust
inmitten hochgeistiger kultureller Verfeinerung. Als Kommentar zur
hedonistischen Konsumgesellschaft einer Gegenwart, die als
apokalyptische Verfallsepoche ohne Hoffnung auf Veränderung begriffen
wird, ist dieser Film gleichzeitig ein Werk von extremer Präzision und
unerbittlicher Schönheit.
Einführung: Bernhart Schwenk
Pinakothek der Moderne
Barer Str. 29
80799 München
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