Sammlungspräsentation Fotografie

Der deutsche, in London lebende Künstler Wolfgang Tillmans (*1968) zählt heute zu den international erfolgreichsten Fotografen seiner Generation. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Tillmans erstmals Ende der Achtziger mit Aufnahmen der pulsierende Musik- und Clubszene europäischer Metropolen bekannt.

Wolfgang Tillmans, München Installation 1991-2004, 2005

Der von ihm entwickelte direkte und aus dem Moment heraus agierende fotografische Stil fand bald Aufnahme in bekannte Lifestyle- und Popkulturmagazine wie i-D, Spex oder Interview und prägte die Darstellung der Jugend- und Subkultur der Neunziger entscheidend mit. Neben den scheinbar spontanen und Schnappschuss ähnlichen Fotografien finden sich in Tillmans Werk auch präzis geplante und detailliert inszenierte Aufnahmen unterschiedlichster Sujets wie Portraits oder Stillleben, zuletzt aber auch zunehmend abstrakte Kompositionen.

Seit 1993 stellt Wolfgang Tillmans seine Arbeiten in namhaften Galerien und Museen aus. Von Beginn an entschied er sich für eine Präsentationsform, in der seine Bilder zu einer vielteiligen, großzügig über die Wandfläche komponierten Installation zusammengefügt sind und die auf den spezifischen Ort und die Ausstellungssituation Bezug nimmt. Dabei verweigert Tillmans jede visuelle Hierarchisierung und trennt nicht zwischen freier Fotografie und Auftragsarbeiten, nicht zwischen einem bedeutungsschweren und einem belanglos erscheinenden Motiv: »If one thing matters, everything matters«. In Tillmans Universum scheint die Wirklichkeit in eine Vielzahl von Bildern aufgesplittert, die ein vielschichtiges formales und inhaltliches Bezugssystem bilden.

Für die Pinakothek der Moderne hat Tillmans eine 23teilige, sehr persönliche Installation entwickelt, die erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wird.


Wolfgang Tillmans: after party 2002, C-Print (Details aus der München Installation)

Nobuyoshi Araki, Tokyo 1969-1972, 1973

Der Japaner Nobuyoshi Araki (*1940) zählt zu den wohl produktivsten aber auch provokativsten Fotografen unserer Zeit. Araki eignet sich die ihn umgebende Welt mit Hilfe des Mediums Fotografie an, eine obsessive Aneignung, die mittlerweile in über 100 Büchern Niederschlag gefunden hat. Sein künstlerisches Werk umspannt ein vielfältiges Themenspektrum, von hocherotischen Frauendarstellungen, die international großes Aufsehen erregten, über artifizielle Stillleben, Blütenbilder, reportagehaft anmutende Alltagsdarstellungen und Architekturaufnahmen bis hin zu sehr persönlichen, fast tagebuchartigen Fotografien von sich und seiner früh verstorbene Frau Yoko.

Die aus 28 Diptychen bestehende Arbeit »Tokyo« bildete die Originalvorlage für eines der ersten Bücher Arakis, das in kleiner Auflage 1973 erschien und am Beginn seiner intensiven, bis heute andauernden Auseinandersetzung mit dem Lebens- und Stadtraum von Tokyo steht. In dieser noch konzeptuell ausgerichteten Arbeit kombiniert Araki Momentaufnahmen namenloser Passanten, die er an belebten Straßenkreuzungen beobachtete, mit den erotischen Selbstinszenierungen einer jungen Frau. Die Kombination aus Alltagsfotografien und Aufnahmen eines in anspielungsreichen Posen in Szene gesetzten Frauenkörpers bedeuten für Araki bis heute die adäquate Form, seine Heimatstadt zu beschreiben, eine Verbindung, die sein gesamtes fotografisches Werk kennzeichnet. Die Gegensätze zwischen anonym und vertraut, bekleidet und nackt, Innen- und Außenwelt fungieren als subtile Verweise auf die Trennung zwischen öffentlicher und privater Lebenswelt, zwischen Traum und Wirklichkeit. Die Passanten erscheinen wie der Betrachter in der Rolle der anonymen Zuschauer und spiegeln den voyeuristischen Blick auf den nackten Körper der Frau, auf die geheimnisvolle und verbotene Schattenwelt der Megapolis Tokyo.


Nobuyoshi Araki: Tokyo, 1973 Silbergelatine-Abzug, Vintage Print, Unikat,


Bayerische Staatsgemäldesammlungen

Pinakothek der Moderne

Kunstareal Barer Straße 29
D-80799 München

Tel: ++49/89 23805-253
Fax: ++49/89 23805-125

www.pinakothek.de

Ausstellung vom 25.01.2006.-11.06. 2006

Artikel von: www.haidhausen.org
Artikel URL: www.haidhausen.org/dasat/index.php?cid=100132&conid=102842&sid=dasat