Die Summer der Öffnungen. Ein Tanzstück von Anna Konjetzky

Eine Art Sisyphustanz: 5 Tänzer ertanzen, ertrotzen sich gegen alle Widrigkeiten der Architektur ihren Raum – Zentimeter für Zentimeter. Ein niemals aufhörender Versuch dem Körper Platz zu schaffen, die Starre der Bühne aufzulösen, den Raum zum Tanzen zu bewegen.

„Was sonst im Tanz oft passiert, nämlich dass Körper einen leeren Raum mit einer Körper-architektur füllen, möchte ich in „Die Summe der Öffnungen“ umdrehen. In diesem Stück sucht sich der Tanz seinen Platz, seine Entfaltungsmöglichkeit in einem bereits gefüllten Raum, in einer massiven, sehr dezidierten Architektur, mit der – oder gegen die – er seine Welt erschafft.“ (Anna Konjetzky)

In Anna Konjetzkys „Die Summe der Öffnungen“ bewegen sich fünf Tänzer auf einer fast vier Meter hohen, nach zwei Seiten abfallenden Bühnenkonstruktion. Ein „Berg“ mit Treppen und Stufen, Ecken und Kanten, mit Nischen, Plattformen und Löchern. Eine Raumarchitektur, die die Bewegungen der Tänzer formt, zwingt und fordert und so Teil der Choreografie ist. Einer Choreografie, die einem Sisyphustanz gleicht: Vom „Berg“ gibt es kein Entrinnen, Treppen führen ins Nirgendwo oder wieder in die Höhe, Körper werden verschluckt, zerstückelt, gelangen wieder an die Oberfläche und beginnen von Neuem.

Ein Ringen, das den Körper immer in Bezug zum Raum stellt, nie ist er allein vorhanden, immer ist er Schnitt- und Bruchstelle zur Architektur und greift durch seine Bewegungen in sie ein. Eine Kettenreaktion entsteht, so wie die Umgebung den Bewegungen Beschränkungen und Möglichkeiten zuweist, so wirkt der Rhythmus, die Spannung, die Präsenz des Körpers sich auf den Raum aus, verändert ihn, lässt ihn vibrieren und gleichsam tanzen. In „Die Summe der Öffnungen“ tritt unter der Oberfläche eine andere Welt zu Tage, Projektionen brechen ein, überziehen den „Berg“ mit geborstenem Glas, mit Wasser, mit menschlichen Schatten und lösen so stellenweise die Massivität des Materials auf.

„Angeregt wurde diese Arbeit durch meine Faszination darüber, wie Menschen sich überall, an den merkwürdigsten, absurdesten und furchtbarsten Orten, einen Lebensraum schaffen, sich Zentimeter für Zentimeter Platz, Berechtigung, ja Schönheit erkämpfen.“ (A. Konjetzky)

Spannungsfelder, wie dieses sind es, die Anna Konjetzky in ihren Arbeiten beschäftigen und die sich innerhalb ihrer Stücke als Reibungsflächen zeigen: Zwischen Transparenz und Massivität, Brutalität und Poesie, Intimität und Distanz. Letzteres ist für die Choreografin auch eine Frage der Rolle des Zuschauers innerhalb eines Projektes und seines Raumes. So wanderte das Publikum bei „Don’t touch“ nah und ungesteuert an den Tänzern vorbei, wäh-rend „Tiefflug“ eine klassische Guckkastenbühne aufwies. In „Die Summe der Öffnungen“ wird dem Zuschauer ein zweifacher Blickwinkel zugewiesen; an den abfallenden Enden des Bühnenbildes über Eck sitzend öffnet sich den Gruppen ein jeweils verschiedener Raum.

Choreografie und Raum: Anna Konjetzky
Tanz: Daniel Bear Davis, Marie-Laure Fiaux, Paul Hess, Sahra Huby, Katrin Schafitel
Musik: Laura Konjetzky – Bühne: Anton Lukas – Video: Marc Stephan
Licht: Barbara Westernach – Tonaufnahmen: Wolfgang Obrecht

Uraufführung: 19. Januar 2010, 20.30 Uhr, Muffatwerk München
Weitere Vorstellungen: 20. Januar 2010, 20.30 Uhr
Ort: Muffatwerk München, Zellstr. 4, München
Tickets: 18.- / 12.- (ermäßigt) | VVK: München Ticket

Mit freundlicher Unterstützung durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München
und den Fonds Darstellende Künste e. V.

Artikel von: www.haidhausen.org
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